Weisheiten des Alters

Jetzt, da das Jahr so so in schnellen Schritten zu Ende geht, dass einem davon fast schwindelig werden kann, ist es an der Zeit, sich auch mal grundsätzliche Gedanken zu machen über seinen Lieblingssport. Nein, wir reden hier nicht vom Fußball und von den Kickern von Hannover 96, die zwar dank ihrer erstaunlichen Physis die weit namhaftere Konkurrenz in der Bundesliga derzeit in Grund und Boden spielen, denen es trotzdem aber schwerfallen würde, einen Marathon anständig zu Ende zu bringen. Wir Freizeitsportler – von Haus aus ganz anderes Training gewohnt – sind nun mal aus einem anderen Holz geschnitzt, und darauf dürfen wir durchaus ein bisschen stolz sein.

Grundsätzlich also ist es angebracht, jetzt darüber nachzudenken, wo man 2011 bei einem Marathon an den Start gehen möchte. Die Anbieter im In- und Ausland buhlen schon seit Wochen um die Gunst der Massen; auch hier möchte jeder am liebsten der Erste sein; nicht wenige werben sogar mit einem Frühbucherrabatt, mit dem sich ein paar Euro sparen lassen. Zum Glück für die meisten Läufer passiert es dabei wohl nur einmal in zig Jahren, dass ein Veranstalter, wie unlängst in Boston geschehen, schon kurz nach Anmeldebeginn die weiße Fahne hissen muss: Alles ausgebucht! Fast 10 000 Plätze, die für Qualifikanten reserviert waren, waren binnen acht Stunden weg.  Ein Weltrekord der ausgefallenen Art. Seitdem heißt das geflügelte Wort: Wer zu spät kommt, den bestraft die Boston Athletic Association. Der Verfasser dieser Zeilen, seinerzeit entscheidend im Nachteil durch die Rückreise aus
Mallorca und deshalb geschätzt eine halbe Stunde zu spät am PC, gehört zu denen, die zu spät dran waren. Er war eine Woche lang vor lauter Ärger nicht ansprechbar.

Doch es gibt auch gute Nachrichten für unsereins und die Läuferkarriere im gesetzten Alter von 57. Sie sind einer Forschungsgruppe der Deutschen Sporthochschule Köln unter Leitung von Professor Dieter Leyk zu verdanken. Bei der Analyse von 900 000 Laufzeiten aus Halbmarathon- und Laufwettbewerben wurde herausgefunden, dass ein Viertel der 60- bis 70-Jährigen schneller ist als die Hälfte der 20- bis 50-Jährigen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Jemand, der sich schon Rentner nennen darf, hat es locker drauf, jungen Draufgängern die Hacken zu zeigen.  Dies muss wohl auch mit der Weisheit des Alters zu tun haben. Die Studie offenbart nämlich, dass die, die in die Jahre gekommen sind, bewusster auf leistungsmindernde Alltagsgewohnheiten achten und offenbar auch gezielter trainieren. Läufer in die Rente mit 67? Die Kölner Forscher wüssten dafür nicht viele Gründe anzuführen.

Dafür kennt einer wie Erich Vellage (77) diesen und jenen Grund, warum es derzeit nicht nur in Hannover im Spitzensport an Klasse auf den langen Strecken fehlt. Der frühere Marathon-Bundestrainer, der in Laatzen zu Hause ist, dreimal pro Woche Läufern immer noch mit Rat und Tat zur Seite steht und Tag für Tag ganze Heerscharen von Laufbegeisterten um den Maschsee rennen sieht, vermisst die Systematik im Training. „Nur mit Dauerlauf nach der Methode von Ernst van Aaken und einem Pulsmessgerät ist es nun mal nicht getan“, sagt er. Vielen fehle das Gefühl zum Laufen. Wozu man wissen muss: Vellage ist einst die 10 000 Meter locker unter 30 Minuten gelaufen. Und das nach einem Acht-Stunden-Tag bei der Polizei. Wer kriegt das heutzutage noch hin?

2 Gedanken zu „Weisheiten des Alters

  1. Dirk

    Mensch Nobby, das tut mir Leid mit Boston. Ich weiß, wie sehr du dem entgegen gefiebert hast. Hoffentlich klappt das bald.

    Was macht eigentlich das Leinöl? 🙂

    Herzliche Grüße
    Dirk

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    1. Nobby

      Dirk, das gute alte Leinöl möchte ich nicht mehr missen! 🙂 Es ist wirklich kein kulinarischer Genuss, scheint aber nicht ohne zu sein … Ein Grund vielleicht dafür, das meine Achillessehnenbeschwerden tatsächlich im Abklingen sind? Zumindest bekommt das Zeug meinem Körper insgesamt besser als meiner Kehle …

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